„Lieber Martin,
habe mir heute zum Frühstückskaffee die aktuelle Folge Logbuch:Netzpolitik angehört und fand Deinen Beitrag sehr einleuchtend.
Vor einigen Wochen habe ich schon über 60 persönlich formulierte Emails über das Tool auf Saveyourinternet.eu rausgeschickt – aber nur eine Hand voll antworten erhalten, und nur von ein paar Linken, Grünen und Sozialdemokraten, die ihre schon bekannte Ablehnung gegenüber der Urheberrechtsreform vermerkt haben.
Also habe ich mir Stift und Zettel geschnappt und mich über das pledge2019.eu-tool verbinden lassen. Habe mir natürlich ein paar Stichpunkte aufgeschrieben vorher.“
“ Mein erster Anruf war bei […] CDU. Der Assistent war sofort endgenervt als er hörte worum es ging. Fragte mich aus welchem Wahlkreis ich komme – wie soll man darauf am besten reagieren? Als ich es ihm sagte, hat er nur versucht mich abzuwimmeln, weil ich [… Anm.: nicht aus dem Bundesland des Abgeordneten] komme. Ich werde im weiteren Verlauf mal versuchen, nicht darauf zu antworten, wenn mir die Frage noch einmal gestellt wird.
Er verwies auf die Website von […], und meinte ich möge bitte eine Email schreiben. Ich fragte ihn ob ich ihm noch ein/zwei Fragen stellen könnte, da viel er mir ins Wort und wies mich wieder ab. Am Ende beschuldigte er mich sogar, dass ich ihn garnicht Reden lassen würde – witzig, denn […] ich trotz empfundener Aufregung super höflich blieb und er der einzige war, der mir pampig ins Wort fiel.
Ich habe früher mal eine Weile Kundenservice am Telefon gemacht – ich weiß, wie es sich anhört wenn jemand schlechte Laune hat und einen Abwimmeln will. Meine Vermutung: bei Herrn […] klingelt in letzter Zeit häufig das Telefon und zumindest seinem Mitarbeiter scheint das wohl gar nicht zu passen.
Danach habe ich, etwas bestärkt und weniger aufgeregt, noch folgende Volksvertreter versucht zu erreichen: […]
Bei allen dreien ging niemand mehr ans Telefon.
Soweit so gut, dass war also mein Vormittag [Anm.: 8.März 2019]. Nichts erreicht, aber du hast recht – es fühlt sich gut an. Es gehört eben mehr dazu, als einfach nur wählen zu gehen. Ich werde mein Umfeld auf das Tool [Anm.: pledge2019.eu] aufmerksam machen, wenn ich noch ein paar weitere Erfahrungen gesammelt habe.
Vielen Dank für deinen Beitrag! Ich werde dich auf dem laufenden halten, falls noch etwas spannendes passiert. „
Paulins persönliche Argumente sind:
- Meinungsfreiheit – Fehlentscheidungen von Upload-filtern, oder missbrauch des “Melden”-Tools ermöglichen eine unverhältnismäßige Beschneidung meiner Kunst- und Meinungsfreiheit online.
- Datenkraken und Monopolstellung – riesige Unternehmen wir Google oder Facebook anzuheuern, um für sämtliche Social-Media Plattformen Uploadfilter zu installieren gibt diesen Unternehmen noch mehr Datenmacht als sie ohnehin schon haben. Sie würden damit ja Zugang zu den Informationen von Nutzern auf Konkurenzplattformen erhalten – was für eine Absurde Idee. Dieses Argument sehe ich selten.
- Technologiewahnsinn – wie von dir auch schon besprochen: die Technik ist noch lange nicht bereit für einen zuverlässigen Uploadfilter – abgesehen von den ethischen und philosophischen Bedenken, und die zwangsläufig intransparenten Entscheidungsprozesse eines Algorithmus, können derzeitige Filter noch lange keine Nuancen menschlichen Humors/Satire erkennen, und werden somit definitiv drakonisch Zensieren.
Lieber Paulin, ich danke dir ganz herzlich für deinen ausführlichen Bericht! Bitte sei mir nicht böse, wenn ich manche Stellen gekürzt habe und auf die Nennung des Abgeordneten verzichtet habe. Nach einiger Überlegung, möchte ich hier so gut es geht auf „Namecalling“ verzichten, da es in diesem Fall dem Assistenten schaden könnte und das liegt absolut nicht in meiner Absicht. Ich bitte hier um Verständnis.
Ich drücke dir die Daumen, dass deine nächsten Kontakte etwas angenehmer verlaufen. Falls nicht, dann darfst du uns das auch gerne wissen lassen.
Vielen Dank für dein Engagement!